Wenn der Postmann nicht mehr klingelt

25. Juni 2015

Zur Zeit befinden sich bundesweit 32.000 Tarifkräfte bei der Deutschen Post AG im Streik. Überall in der Bundesrepublik bleiben in diesen Tagen die Briefkästen leer und die Deutsche Post AG muss zusätzlichen Lagerraum anmieten, um die nicht verschickten Briefe und Pakete zwischenzulagern.
So manch Postkunde ist mittlerweile verärgert und die Leitungen des Postkundenservice stehen nicht mehr still. Natürlich bleiben wichtige Briefe und Pakete derzeit liegen und so kommen Rechnungen, Lieferungen und so mancher altmodisch handgeschriebener Liebesbrief nicht bei ihren Empfängern an, aber die Beschäftigten der Deutschen Post streiken nicht nur, um die Kunden zu ärgern.

Worum geht es?

In diesem Jahr gründete die Deutsche Post AG 49 Regionalgesellschaften unter der sogenannten DHL Delivery GmbH. Dies ist ein Sub-Unternehmen der Deutschen Post, das den Paketsektor bedient.

Hier sollen 20.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Darunter sind bereits all die Postbeschäftigten, die schon in diesem Bereich befristet beschäftigt sind. Wirklich neue Arbeitsplätze entstehen also erst einmal nicht direkt. Mit einer großangelegten Kampagne wirbt die Deutsche Post AG in ihrer eigenen Firmenzeitung für diese GmbH und verspricht den Mitarbeitern das Blaue vom Himmel. In einer der letzten Ausgaben erklärte eine junge Beschäftigte, dass sie sofort den neuen unbefristeten Vertrag unterschrieben hätte, wie sie sich nun endlich ein Auto kaufen könne.

Natürlich ist es richtig und wichtig, dass die Beschäftigten fest angestellt werden und nicht nur von Kettenbefristungen leben müssen, die äußerst unsicher sind. Aber bei der DHL Delivery GmbH gilt nicht mehr der Haustarif der Deutschen Post AG sondern der schlechtere Tarif der Speditions- und Logistikbranche. Diese Löhne liegen 20 Prozent unter denen, die Ver.di mit der Deutschen Post AG ausgehandelt hat. Die fristlose Beschäftigung hat also ihren Preis.

Die Postbeschäftigten sind zu Recht verärgert und erinnern die Post daran, dass sie auf Kurzpausen und arbeitsfreie Tage verzichtet haben. Ver.di fordert deshalb 36 Wochenstunden statt 38,5 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Die Deutsche Post AG meint dazu, dass die Forderungen Arbeitsplätze gefährden und keine Wachstumsperspektive bietet. Sie müsse wettbewerbsfähig auf dem globalen Markt bleiben.
Dabei steigen die Gewinne der Deutschen Post AG seit ihrer Privatisierung 1995 stetig an. Im letzten Jahr hat der Konzern fast 3 Milliarden Euro Umsatz gemacht und die Tendenz steigt weiter. Dem Bund gehören immer noch 21 Prozent der Anteile am Postkonzern und verdient damit kräftig mit. Es heißt zwar in den selbstgesteckten Zielen der Deutschen Post AG, dass der Konzern den Mitarbeitern das möglichst beste Arbeitsumfeld schaffen will, aber durch die fortschreitende Abspaltung von Konzernbereichen zu Subunternehmern, entzieht die Deutsche Post AG den Beschäftigten ihren Schutz und die Sicherheit. So gab es bereits in der Vergangenheit immer wieder Medienberichte über die schlechten Arbeitszustände bei Subunternehmern in der Brief- und Paketzustellung. Dies wird sich weiter ausbreiten, wenn die Post sich aus ihrer Verantwortung immer mehr zurückzieht.

Nach sechs Tarifrunden war die Deutsche Post AG nicht bereit der Gewerkschaft entgegenzukommen. Sie ließ immer wieder Fristen verstreichen. Nun sind also die Postbeschäftigten seit Wochen im Streik und es zeigt Wirkung. Die Deutsche Post AG versucht mit billigen und rechtwidrigen Tricks die hohe Anzahl von liegengebliebenen Briefen und Paketen zu verarbeiten. So werden Leiharbeiter aus Osteuropa oder von den Tochterfirmen aus Polen angeheuert, um Briefe auszutragen. Es werden Taxifahrer und Aushilfen beschäftigt. Großkunden der Post wie Amazon oder der Axel Springer-Verlag liefern mit aus. Das geschieht natürlich laut Deutscher Post AG alles wegen der wachsenden Solidarität mit dem Unternehmen. So begründen sie es auch, wenn sonntags Beschäftigte freiwillig und ohne Lohn Briefe zustellen. Die Deutsche Post AG ist derart verzweifelt, dass neben ihren 40.000 Beamten, die sie noch hat, auch Führungspersonal an die Briefsortiermaschinen muss. Völlig medienwirksam steht dann der Chef persönlich an vorderster Front.

Die Postbeschäftigten kämpfen derweilen um einen guten Lohn und ein besseres Leben für sich und ihre Familien. Das muss einfach drin sein. Also, nicht über den leeren Briefkasten ärgern, sondern die Streikenden unterstützen!

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