In Deutschland haben wir einen »Sozialstaat«. Das bedeutet, dass die Stärkeren den Schwächeren helfen. Hier hilft der Staat denjenigen, die zu wenig Geld zum Leben haben.
Soweit die Theorie. Wie sieht es aber tatsächlich aus, wenn man auf die Hilfe des Sozialstaates angewiesen ist?
Bei der Mietzahlung hilft der Kreis den Betroffenen. Natürlich werden Mieten nicht in jeglicher Höhe bezahlt, sondern vom Kreis wird eine »Mietobergrenze« festgelegt. Wie die Realität für diese Menschen aussieht, möchten wir Ihnen in drei Fallbeispielen einmal vorstellen:
Nehmen wir das Beispiel von Familie Groß aus Molfsee. Zu ihr gehören: Vater, Mutter, eine Tochter (2 Jahre), zwei Söhne (4 und 9 Jahre). Der Vater ist arbeitslos. Nach einem halben Jahr wird die Familie aufgefordert, sich eine Wohnung bis zu 95 m² mit einer Mietobergrenze von 494 Euro zu suchen.
Beispiel Nr. 2: Frau Sauer, alleinstehend, aus Eckernförde. Frau Sauer hat ihren Job als Verkäuferin in Vollzeit wegen Geschäftsaufgabe verloren. Da sie schon vorher wenig verdient hat, reicht das Arbeitslosengeld nicht aus — sie fällt direkt in Hartz-IV. Sie bewohnt eine 2-Zimmer-Wohnung von 50 m² und zahlt 324 Euro Miete + 80 Euro Nebenkosten. Auch ihre Wohnung ist zu teuer, sie darf nur max. 237 Euro an Miete kosten.
Unser drittes Beispiel: Ehepaar Ehrlich. Frau Ehrlich (65 Jahre) ist Hausfrau, und nach einem Unfall auf eine Gehhilfe angewiesen. Herr Ehrlich (65 Jahre) ist jetzt in Rente gegangen. Da Herr Ehrlich zwischendurch mehrere Jahre arbeitslos war, bezieht er nur eine kleine Rente.
Um überleben zu können, erhalten sie »Grundsicherung im Alter«.Beide bewohnen seit 40 Jahren eine 70 m² große 3-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss, zahlen 357 Euro Miete + 110 Euro Nebenkosten.
Der Kreis übernimmt nach einem halben Jahr nur noch die Miete von 282 Euro und 95 Euro für die Nebenkosten. Für die Suche gesteht das Amt diesen Personen ein halbes Jahr zu. Danach erfolgt eine Kürzung der Mietzahlungen des Kreises.
Warum ist das so?
Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass die Kreise die »Kosten der Unterkunft« — also die Mieten und Nebenkosten — zahlen müssen. Die Kreise dürfen aber selbst bestimmen, wie teuer eine Wohnung für eine Person oder eine Familie sein darf. In unserem Kreis Rendsburg-Eckernförde hat der Kreis willkürlich, ohne Mietspiegel oder sonstige Datenerhebungen die Mietobergrenzen festgelegt.
Was bedeutet das für unsere Familien?
Für Familie Groß bedeutet das, dass sie statt der 620 Euro nur 494 Euro für die Miete ausgezahlt bekommt. Da ihre Wohnung nicht nur zu teuer, sondern auch zu groß ist, werden auch die Nebenkosten gekürzt. Sie erhalten jetzt nur noch 95 Euro, müssen also insgesamt 151 Euro für Miete und Nebenkosten von ihrem Existenzminimum (Regelsatz) bestreiten. Frau Sauer muss insgesamt 87 Euro aus ihren Regelsatz zu ihrer Miete dazupacken und dem Ehepaar Ehrlich fehlen durch die Kürzungen 90 Euro.
Daraus ergibt sich folgendes Problem:
Familie Groß bemüht sich, neben der Arbeitssuche auch eine angemessene Wohnung zu finden. Wohnungen in der vorgegebenen Preiskategorie sind so gut wie gar nicht zu finden. Das gleiche Schicksal ereilt auch Frau Sauer. Für das Rentnerehepaar Ehrlich ist die Situation noch schwieriger. Sie sind nicht nur gezwungen nach 40 Jahren aus ihrer Wohnung auszuziehen. Wegen Frau Ehrlichs Gehbehinderung muss die Wohnung auch wieder im Erdgeschoss liegen. Außerdem sollte sie breitere Türdurchgänge haben, also barrierefrei sein. Solche Wohnungen sind zu diesem Mietpreis gar nicht zu finden! Wie diesen drei auf Wohnungssuche befindlichen Haushalten ergeht es Hunderten. Es handelt sich um die berühmt berüchtigte Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen.
Und unsere Familien?
All diese Personen müssen sich nun für lange Zeit noch stärker finanziell einschränken als vorher. Hier beginnt ein zusätzliches Drama: das notwendige Paar Kinder- oder Winterschuhe, Medikamente oder eine Nachzahlung vom Strom können nicht aufgebracht werden. Da aber auch diese Dinge lebenswichtig sind, machen viele Menschen Schulden. Oftmals können diese dann nicht mehr zurückgezahlt werden – man spricht dann von einer Überschuldung der Haushalte.
Was kann man dagegen tun?
Als erstes muss der Kreis seine Miet-obergrenzen an den tatsächlich Wohnungsmarkt anpassen. Hierfür bedarf es einer umfassenden Studie der aktuellen Wohnungsmarktlage. Das heißt, der Kreis muss erst mal wissen, welche Wohnungen zu welchem Mietpreis überhaupt angeboten werden und wie viele Wohnungen man überhaupt benötigt. Außerdem muss der Kreis Rendsburg-Eckernförde zusammen mit seinen Städten und Gemeinden dafür sorgen, das genug Wohnungen für Haushalte mit geringem Einkommen zu Verfügung stehen. Dieses kann er durch die Gründung oder Unterstützung von Wohnungsbaugenossenschaften, die eben keine privaten, sondern öffentliche Wohnungen bauen und vermieten.