Zum Haushalt 2011 in Eckernförde

Rede von Rainer Beuthel zum Haushaltsentwurf 2011, gehalten am 14. Dezember 2010 vor der Ratsversammlung Eckernförde:

Frau Vorsitzende,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

verehrte Gäste,

dass die Fraktion DIE LINKE nach den Beratungen in den Ausschüssen heute eine Reihe von Anträgen zum Haushalt stellt, mag die eine oder den anderen verwundern. Ich möchte aber daran erinnern, dass die Größe der Ausschüsse zu Beginn der Amtsperiode so zugeschnitten wurde, dass DIE LINKE in keinem Ausschuss mit abstimmen darf. Nun – dann werden wir eben Anträge in wichtigen Angelegenheiten dort stellen, wo wir abstimmen können, nämlich in der Ratsversammlung.

Unbestritten ist, dass sich die Haushaltslage Eckernfördes in den vergangenen Jahren stark verschlechtert hat; die Ursache dafür liegt nicht allein, aber vor allem in bundes- und landespolitischen Rahmenbedingungen. Als Reaktion darauf hat die Ratsversammlung auf Initiative der LINKEN am 30.09.2010 eine auf Vorschlag der SPD veränderte Resolution zur finanziellen Notlage der Kommunen verabschiedet, leider gegen die Stimmen von CDU, FDP und SSW.

Dass sich CDU und FDP zu keiner Stellungnahme bequemen konnten, verwundert nicht allzu sehr, sind sie ja auf Bundes- und Landesebene direkt für die Verteilung finanzieller Mittel des Staates verantwortlich. Was den SSW betrifft, der zu Recht Solidarität bei der Unterstützung seines Protestes gegen Kürzungen im Bereich der dänischen Minderheit verdient, muss man sich jedoch schon wundern. Mit diesen Parteien sogenannte Sparbeschlüsse zu fassen, die in den Bereichen Soziales, Kultur und Bildung Verschlechterungen für die Bürgerinnen und Bürger nach sich ziehen, kommt für uns jedenfalls nicht in Frage.

Dagegen tragen wir wie während der ersten Phase der Haushaltskonsolidierung eine Reihe von Maßnahmen zur Erhöhung der Einnahmen der Stadt mit, etwa bei den Stellplatzmieten, Parkgebühren, den Erlösen der Schredder- und Kompostierungsanlage, und unterstützen den Vorschlag der Verwaltung, den Gewerbesteuer-Hebesatz auf 350 v.H. anzuheben. Auch Kostenreduzierungen etwa im Bereich des Winterdienstes oder verwaltungsinterner Geschäftsausgaben finden unsere Zustimmung.

Wenn in der Presse in den vergangenen Wochen immer wieder von der offenbar notwendigen Kürzung „freiwilliger Leistungen“ die Rede war, so wurde gerne übersehen, dass auch die Erschließung eines Gewerbegebietes Nord mit einem extra auf die Raiffeisen-Hauptgenossenschaft noch zusätzlich zugeschnittenen Terrain eine freiwillige Leistung darstellt und dass auch eine Reihe weiterer Maßnahmen im Zusammenhang mit der „Noor-Öffnung“ eine freiwillige Leistung der Stadt sein wird, zu der sie nicht verpflichtet ist. Hier werden Finanzmittel in Millionenhöhe verplant und verbraucht, zugleich sollen Kürzungen bei sozialen Projekten erfolgen, wodurch den Betroffenen das Leben hier und heute schwer gemacht wird. Ausbau der Langebrückstraße oder der Hafenpromenade, mal eben 100000.- Euro für diese oder jene Baumaßnahme – alles freiwillige Leistungen, die hier anscheinend nicht zur Disposition stehen. Vor diesem Hintergrund sind Kürzungen im Sozial, Kultur- und Bildungsbereich mit der Begründung, es sei ja kaum noch Geld da, ziemlich unglaubwürdig, auch dann, wenn man als kleines Feigenblatt die Reduzierung der Mittel für die Ratsfraktionen beschließt – ein Ablenkungsmanöver mit zweifelhaftem Symbolgehalt.

Im Haushaltsentwurf der Verwaltung war zunächst von einem nicht auszugleichenden Defizit von 480700.- Euro die Rede. Nach der jüngsten Steuerschätzung stellt sich die Lage jedoch wesentlich besser dar, das Defizit hat sich auf einen geringen Restbetrag reduziert. Zugleich soll an Kürzungsmaßnahmen im Bereich von Kultur, Bildung und Soziales festgehalten werden, die – je nachdem, was man dazu zählt – ungefähr ein Achtel bis ein Zehntel des ursprünglich befürchteten Defizits betragen. Ich frage die Damen und Herren des jüngsten „Spar-Kartells“ aus CDU, FDP und GRÜNEN: wie hartherzig muss man eigentlich sein, um dies nicht als schreienden Widerspruch zu erkennen? Wirkt es nicht wie ein abgekartetes Spiel, wenn die FDP im Finanzausschuss als Bedenkenträger einige Kürzungen ablehnt, um dann gemeinsam mit den GRÜNEN und der CDU alles andere umso entschlossener durchzuziehen?

Wäre es nicht angebracht zu sagen: wir verzichten auf alle diese Kürzungen, denn sie wurden in einer Situation erdacht, die sich jetzt als weniger dramatisch herausgestellt hat? Wäre es nicht politisch sinnvoll und menschlich anständig, zu beschließen: wir reduzieren den Schuldenstand nicht um rund eine Million, sondern nur um 900000.- Euro? Was hindert sie, was hindert Euch daran? Zu vermuten ist, dass niemand gegen bereits erfolgte Absprachen handeln darf und will, teilweise gegen besseres Wissen. Das ist das politische Spiel, von dem sich immer mehr Bürgerinnen und Bürger mit Grausen abwenden.

Ich komme zu unseren Anträgen im Einzelnen:

1.) Blossom Tracks, Projekt „Insel“ an der Fritz-Reuter-Schule, „Carlo-Club“: mit gutem Grund hatten sich bis auf die FDP in der Vergangenheit alle Fraktionen gegen einen Einstieg beim „Carlo-Club“ ausgesprochen (die Argumente will ich an dieser Stelle nicht wiederholen). Jetzt soll bei zwei wichtigen Projekten, Blossom Tracks und Insel, gekürzt werden auf Kosten von Kindern und Jugendlichen, und entgegen der bisherigen Beschlusslage ein neues Projekt gefördert werden. Blossom Tracks betreut in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen Kinder und Jugendliche im ganzen Stadtgebiet. Dort sollen nun Mittel abgezogen werden und einer Elterninitiative an einer einzigen Schule zukommen. Das halte ich für abenteuerlich und opportunistisch.

2.) Grundsteuer und Gewerbesteuer: wir unterstützen das ursprüngliche Anliegen der Verwaltung auf Anhebung der Gewerbesteuer auf 350 v.H. Das ist vertretbar, zumal die Stadt ständig in die Verbesserung der Infrastruktur im Interesse von Gewerbetreibenden investiert. Eine Anhebung der Grundsteuer wird, dort wo es die Hausbesitzer vermögen, auf die Mieter abgewälzt werden. Das lehnen wir ab.

3.) Sporthallengebühren: die Sportvereine erfüllen eine wichtige soziale Funktion vor allem auch im Interesse von Kindern und Jugendlichen. Hierfür muss die Solidargemeinschaft der Kommune im bisherigen Umfang einstehen, sonst entpuppt sich das sogenannte „lokale Bündnis für Familie“ an dieser Stelle als schöner Schein.

4.) Zuschüsse an die AWO(BBS), !VIA – Beratung und Treff für Mädchen und Frauen, Begegnungsstätte der Brücke, Soziales Beratungs- und Dienstleistungszentrum, Turn- und Sportvereine generell: die – gemessen am Gesamthaushalt – geringen Kürzungen haben für die von ihnen Betroffenen Folgen, von denen die Satten und Zufriedenen in unserer Stadt kaum eine Ahnung haben. Besonders fatal wäre es, wenn die GRÜNEN, die einmal als Partei der „Neuen sozialen Bewegungen“ angetreten sind, diese Kürzungen mittrügen. Das wäre eigentlich eine politische Bankrotterklärung.

5.) Kw-Vermerke Museumsleiter, Bestandspfleger (im Museum), Phonotypistin: einmal davon abgesehen, dass diese Maßnahmen sowieso erst in einigen Jahren greifen würden, im Fall des Bestandspflegers im Museum meines Wissens z.B. in dreizehn Jahren – da ist also noch die eine oder andere Kommunalwahl dazwischen – also abgesehen davon handelt es sich hier um Pläne von CDU, FDP und GRÜNEN, die von einer seltenen Inkompetenz der Beteiligten zeugen. Im Falle der Phonotypistin geht es offenbar darum, die Kulturabteilung im Rathaus abzuwickeln. Im Falle des Museumsleiters wird übersehen, dass die Stadt Eckernförde verpflichtet ist, ein Stadtarchiv zu unterhalten. Man hat hier von Seiten der Verwaltung schon vor längerer Zeit eine Konstruktion gefunden, die eigentlich weder genug Zeit lässt, um ein Archiv wirklich ausreichend zu betreuen, noch um das Museum personell genügend auszustatten. Und genau an dieser Doppelfunktion will die neo-bürgerliche Spar-Koalition nun noch mehr kürzen. Einer Partei wie die CDU müssten eigentlich Stadt- und Heimatgeschichte, die Pflege des kulturellen Erbes am Herzen liegen – dem dient ja sowohl das Stadtarchiv wie das Museum. Wie ist es möglich, dass diese Partei des Bürgersinns und Gemeinwohls an dieser Stelle kürzen will? In einem Schreiben vom 8.12. haben sich Vertreter des Museumsvereins, die Herren Pauls und Reelmann, an die Fraktionen gewandt und mit guten Gründen dafür geworben, auf die Kw-Vermerke zu verzichten. Dieses Anliegen unterstützen wir als LINKE voll und ganz.

6.) Förderung kultureller Veranstaltungen: wer der Öffentlichkeit vorgaukelt, durch eine Kürzung von 30000.- Euro bei der Förderung kultureller Veranstaltungen ließe sich ein städtischer Haushalt sanieren, macht sich nicht nur lächerlich. Zugleich beschädigt er das Ansehen Eckernfördes als einer Stadt mit kulturellem Flair, das weit ins Umfeld ausstrahlt. Ich weise an dieser Stelle nur auf das GREEN SCREEN Naturfilmfestival hin. Gerne wird im politischen Diskurs der Begriff „Alleinstellungsmerkmal“ verwendet. Hier hätte Eckernförde eines anzubieten, dergestalt, dass man sich Kultur auch weiterhin etwas kosten lassen will, ohne zu kürzen. Erstaunlich, wie an dieser Stelle der Ansatz des ansonsten so häufig beschworenen „Stadtmarketings“ vergessen wird.

Meine Damen und Herren, natürlich mache ich mir keine Illusionen, wie die Abstimmung über unsere Anträge ausgehen wird. Als Don Quichote mit seiner Lanze gegen Windmühlenflügel ankämpfte, glaubte er Riesen vor sich zu haben. Aber: warten wir mal die nächste Kommunalwahl ab, vielleicht entpuppen sich dann einige Windmühlenflügel als Zwerge oder eben schlicht als Windmühlenflügel.

Ich bitte um Zustimmung für unsere Anträge und danke für die Aufmerksamkeit.

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