Pläne der Landesregierung zum ÖPNV: Einige gute Ideen & große Lücken

8. Januar 2017

Wer kein eigenes Auto hat (aus welchem Grund auch immer), hat gerade auf dem Land ein Problem: Zwar gibt es öffentlichen Personen-Nahverkehr, häufig genug aber kommen Busse nur wenige Male am Tag. Das reicht nicht!

Im Spätsommer hatte Landesverkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) die Pläne der Landesregierung für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) vorgestellt.Insgesamt ist der Anteil des ÖPNV an den genutzten Verkehrsmitteln zwar nicht gesunken, aber eben auch nicht gestiegen. Im Landesschnitt liegt die Nutzung von Bus und Bahn für den Nahverkehr bei 7,1 Prozent (der Bundesschnitt hingegen bei 8,5 Prozent).
Hierbei besteht ein deutliches Stadt-Land-Gefälle: Während in den Städten über 10 Prozent der Bevölkerung regelmäßig ÖPNV-Angebote nutzen, sind es auf dem Land nur etwas über 4 Prozent.

Erklärtes Ziel der Landesregierung war 2012, den Anteil des ÖPNV an den genutzten Verkehrsmitteln deutlich zu erhöhen. Im »Landesweiten Nahverkehrsplan 2012 bis 2017« (LNVP) wurde noch definiert, dass der Anteil des ÖPNV auf den heutigen Bundesschnitt steigen sollte. In einem optimistischen Szenario, welches ebenfalls Teil der Planung war, sollte gar eine Steigerung um 50 Prozent erreicht werden (fairerweise sei angemerkt, dass aber schon damals die vollständige Realisierung dieser weitreichenden Vorschläge als unrealistisch bezeichnet wurde). Selbst das Ziel einer moderaten Steigerung des ÖPNV-Anteils muss inzwischen allerdings als gescheitert bezeichnet werden.
Dabei sind so einige im LNVP 2012 bis 2017 aufgeführte Projekte tatsächlich umgesetzt worden: Der barrierefreie Ausbau von Bahnhöfen schreitet fort, zwischen den Ballungsräumen Kiel, Lübeck und Hamburg fahren jetzt halbstündlich Züge, einige neue Haltepunkte wurden eingerichtet, die Instandsetzung der Hochbrücke Rendsburg weitgehend abgeschlossen. Andere Projekte hingegen sind krachend gescheitert: Am prominentesten ist hier die StadtRegionalbahn Kiel zu nennen, die trotz fortgeschrittenem Planungsstand letztlich an den Grünen im Kreistag Rendsburg-Eckernförde scheiterte. Viele der begonnenen Projekte verzögern sich weit länger als geplant, insbesondere die häufigen Verspätungen aufgrund von Bautätigkeiten auf der Hauptstrecke Neumünster-Hamburg sind hierfür ein Beispiel, welches wohl jeder kennt, der öfter diese Strecke fährt.
Neuer Landesweiter

Nahverkehrsplan (LNVP) zum Jahresende

Zum Jahresende soll der Entwurf eines neuen Landesweiten Nahverkehrsplan für die Jahre 2018 bis 2023 vorgelegt werden. Diese Planung kann davon profitieren, dass dem Land Schleswig-Holstein bis zum Jahre 2031 etwa 500 Mio. Euro zusätzliche Gelder für ÖPNV-Leistungen aus den Regionalisierungsmitteln zur Verfügung stehen. Einige der von Landesverkehrsminister Meyer skizzierten Ideen seien hier im Einzelnen bewertet:

(Schnell-)Busse

Die geringe Nutzung des ÖPNV auf dem Land ist sicherlich auch darauf zurückzuführen, dass Busverbindungen zu den nächsten größeren Orten bzw. Bahnhöfen nur selten fahren, mangelhaft mit anderen Angeboten vertaktet sind und schlicht zu lange Fahrtzeiten aufweisen. Dem soll mit einem Ausbau von Schnellbus-Strecken begegnet werden, was zu begrüßen ist. Interessanterweise wurde als Beispiel hierfür eine künftige Schnellbus-Verbindung zwischen Brunsbüttel und Wilster genannt. Dieses mag bedeuten, dass das Vorhaben einer Reaktivierung der Bahnstrecke zwischen diesen beiden Orten endgültig aufgegeben werden soll.

So wichtig die Schnellbus-Verbindungen sind: Für einen attraktiven ÖPNV auf dem Land sind auch die Nebenstrecken von entscheidender Bedeutung. Derzeit werden viele kleinere Orte nur selten angefahren, nicht wenige haben überhaupt keinen Anschluss an den ÖPNV. Hier muss endlich der Teufelskreis durchbrochen werden, dass ein ungenügendes Angebot eine immer geringere Nachfrage erzeugt, was wiederum zur weiteren Reduzierung des Angebots führt. Dazu gehört auch das Eingeständnis, dass nicht alle dieser Verbindungen wirtschaftlich betrieben werden können und quer subventioniert werden müssen. Wer es mit der Mobilität im ländlichen Raum ernst meint, muss hierfür Geld in die Hand nehmen.

Reaktivierung von Bahnstrecken

Die Wiederinbetriebnahme von Bahnstrecken ist eigentlich immer sinnvoll, insbesondere da das Land Schleswig-Holstein über das Instrument der sogenannten Infrastruktursicherungsverträge Finanzmittel dafür aufwendet, viele der stillgelegten Trassen für eine spätere Reaktivierung instand zu halten. Genannt wurden jetzt für eine zukünftige Wiedereröffnung die Strecken Wrist – Kellinghusen und Kiel – Schönberger Strand. Beide Reaktivierungen standen allerdings schon im derzeitigen LNVP und sollten längst realisiert sein.

Norddeutscher Tarifverbund

Seit Längerem wird darüber diskutiert, ein einheitliches Tarifsystem für Schleswig-Holstein, Hamburg und zumindest das nördliche Niedersachsen zu schaffen. Erst vor einigen Wochen hatte auch der DGB diese Forderung öffentlichkeitswirksam erhoben, um die Situation von Berufspendlerinnen und Berufspendlern zu verbessern. Gut wäre so ein norddeutschlandweites Tarifsystem allemal, besser allerdings natürlich einheitliche Tarifregeln für die gesamte Bundesrepublik. Aber schon die Realisierung eines norddeutschen Tarifverbundes wird schwer werden, aus Hamburg kommen eher zurückhaltende Signale. Es ist nämlich so, dass die Grundtarife im HVV niedriger sind als in Schleswig-Holstein – und Befürchtungen bestehen, eine Angleichung müsste in Richtung des höheren Preisniveaus erfolgen.

Und was ist mit den Fahrpreisen?

Eine der entscheidendsten Fragen für die Attraktivität des ÖPNV ist: Was kostet der Fahrschein? Die Ticketpreise für den Nahverkehr in Schleswig-Holstein gehören bereits jetzt zu den höchsten der Republik. Allerdings wurden hierzu vom Landesverkehrsminister keine Aussagen gemacht.
Ohne eine deutliche Senkung der Fahrpreise wird es kaum gelingen, wesentlich mehr Menschen von der Nutzung des ÖPNV zu überzeugen. Da helfen alle Ausbaupläne, Taktverdichtungen und auch WLAN in Zügen nichts. Solange es (insbesondere bei häufiger gefahrenen mittleren und längeren Strecken) günstiger bleibt, ein eigenes Auto zu benutzen, wird der Anteil des ÖPNV an den Verkehrsmitteln nicht substanziell steigen – schon gar nicht in den ländlichen Räumen. (SK)

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