Hotelneubau am Exer in Eckernförde – was will DIE LINKE?

Eckernförde
Hafen in Eckernförde

Um die Neuansiedlung eines Hotels auf dem bisherigen zentralen Parkplatz Am Exer gab es in der Ratsversammlung am 5. November eine ausgiebige Debatte. Während eine große Mehrheit der Ratsfraktionen dem Projekt ihre grundsätzliche Zustimmung gab, lehnte DIE LINKE dies ab.

Wir dokumentieren die Rede unseres Fraktionsvorsitzenden Rainer Beuthel:

Frau Bürgervorsteherin,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

verehrte Gäste,

die Problematik einer Hotelansiedlung am Exer ist vielschichtig. Es sind eine Reihe von Gesichtspunkten einzubeziehen und abzuwägen.

Erstens: laut städtebaulicher Rahmenplanung von 2008 soll der Exer "einer neuen, dem Standort gerechten Nutzung zugeführt und gestalterisch aufgewertet werden." Weiter heißt es: "Im Bereich des Exer und des Schwimmbades wird eine Konzentration von Wellness- und Gesundheitseinrichtungen vorgeschlagen. Dazu sollte in diesem Bereich das Angebot an Kureinrichtungen ausgedehnt und ggf. die bestehenden Hotelkapazitäten erweitert werden." Insofern bewegt sich der vorliegende Antrag auf bekanntem Terrain, das zwischenzeitlich etwas in Vergessenheit geraten ist. Das Wörtchen "ggf." ist allerdings breit interpretierbar. Es muß also nicht zwingend ein Hotel gebaut werden.

Zweitens: das Projekt wird von Seiten der ETMG mit der grundlegenden Fragestellung verknüpft, ob der Tourismus in Eckernförde weiterhin wachsen solle oder nicht. Es wird versucht, den Eindruck zu erwecken, eine Entscheidung gegen das Exer-Projekt sei zugleich eine Entscheidung gegen weiteres Wachstum. Diese Fragestellung korrespondiert mit einer gewissen Stimmung in der Bevölkerung, die sagt: "Es ist nun allmählich genug. Noch mehr Urlauber wollen wir nicht."

Festzuhalten ist: der Tourismus in Eckernförde ist in den letzten Jahren gewachsen, das ist gut für unsere Stadt, für die einheimische Wirtschaft insgesamt. Es wird vermutlich weiteres Wachstum geben, ob mit oder ohne ein Hotel am Exer. Eine Ablehnung der Beschlußvorlage hätte natürlich keinen Rückgang des Tourismus zur Folge. Bei einer Erörterung der Problematik, wann oder ob schon jetzt eine Obergrenze im Tourismus in Eckernförde erreicht sei, müßten viele weitere Gesichtspunkte einbezogen werden. Sie hauptsächlich an der Problematik "Hotel am Exer" festzumachen, hat viel von einer Scheindebatte.

Drittens: die Situation der touristischen Unterkünfte befindet sich bereits im Wandel. Beispielsweise ist 2011 in der Berliner Straße Heldts Hotel mit 23 Zimmern im 3-Sterne-Standard entstanden. Das "Mangos" soll ausgebaut werden. Es gibt seit kurzem ein kleines neues Hotel in der Nicolaistraße. Es tut sich also sowieso etwas. Allen Privatvermietern steht es frei, ihre Unterkünfte zu modernisieren; niemand käme wohl auf die Idee, dafür könne man von der Stadt Unterstützung bzw. spezielle investive Vorleistungen erwarten. Ein Hotel am Exer wäre eine weitere moderne Variante im Gesamtangebot, unbedingt notwendig ist sie nicht. Nicht vom Tisch ist aus unserer Sicht das Projekt "Beachhotel" neben der WTD 71. Auch hier könnte ein modernes Hotel mit hohem Standard entstehen.

Viertens: ein Hotelneubau am Exer hätte zur Voraussetzung einen weiteren Verkauf öffentlichen Eigentums, einer wertvollen Fläche, die im Interesse der Einwohnerinnen und Einwohner natürlich auch anders genutzt werden könnte. Als Partei DIE LINKE betrachten wir die Privatisierung öffentlicher Flächen prinzipiell kritisch. Es müssen schon sehr starke Argumente dafür sprechen, bevor wir zustimmen können.

Fünftens: der mögliche Investor verlangt von der Stadt umfangreiche Vorleistungen, eine Seebrücke (städtischer Anteil: ca. 800000 Euro), die Modernisierung des Meerwasserwellenbades sowie eine Verbindung zwischen  zwischen Hotel und Bad, genannt "Bademantelgang". Daß diese Investitionen durch den Grundstücksverkauf gedeckt werden können, halten wir für wenig wahrscheinlich. Ob sich die vom Investor verlangte Modernisierung des Meerwasserwellenbades mit Maßnahmen deckt, die im fraglichen Zeitfenster sowieso vorgenommen werden müßten, ist völlig offen, eher zweifelhaft. Ein "Bademantelgang" gehört logischerweise nicht dazu. Insgesamt erscheinen die vom Investor geforderten Vorleistungen als viel zu groß. Denn es geht hierbei im Kern bloß um ein einziges Hotel, für dessen Entstehung von Seiten der Stadt ein riesiger Aufwand betrieben werden müßte.

Sechstens: ein Hotelneubau in den angedachten Dimensionen würde eine erhebliche Anzahl hoteleigener Parkplätze auf dem Gelände benötigen. "Öffentliche Parkplätze in der bisherigen Anzahl" könnten also am Exer unmöglich vorgehalten werden, müßten woanders entstehen. Wo, ist völlig offen. Die Bürgervorsteherin bekannte in einer Finanzausschußsitzung, dies sei eine "hypothetische Frage". "Hypothetisch" ist zur Zeit auch die Frage, ob der Investor die Kosten für diese Parkplätze zur Drückung des Kaufpreises verwenden wird oder ob die Stadt diese öffentlichen Parkplätze wieder zurückkaufen muß. In jedem Fall entstünde ein Verlust an strandnahen Parkplätzen für Strandbenutzer und an Parkplätzen für die Nutzer beispielsweise der Stadthalle, der Stadtbücherei, des Meerwasserwellenbades.

Siebtens: völlig ungeklärt sind die ökologischen Folgen des Baues einer Seebrücke.

Achtens: eine von der Eckernförder Zeitung durchgeführte online-Umfrage erbrachte eine Ablehnung von ca. dreiviertel der Teilnehmenden. Die Umfrage kann zwar nicht als repräsentativ gelten, hatte aber über 800 Teilnehmende. Sie gibt also ein ungefähres Stimmungsbild wieder.

Wir ziehen aus der Gesamtschau der Argumente den Schluß, daß wir gegen die Beschlußvorlage stimmen werden.