Benachteiligung von Frauen und Mädchen wirksam bekämpfen

2. Oktober 2015

Im Rahmen der Debatte um den Jahresbericht der Eckernförder Gleichstellungsbeauftragten plädierte Rainer Beuthel, Ratsherr der Partei DIE LINKE, für eine Bekämpfung von Benachteiligungen von Frauen und Mädchen. Dabei ging er auch auf die Tarifauseinandersetzung im Sozial- und Erziehungsdienst ein. Wir dokumentieren seine Rede im Wortlaut:

 

Frau Bürgervorsteherin,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

verehrte Gäste,

 

der vorliegende Gleichstellungsbericht findet meine Zustimmung; erforderlich ist sie nicht, denn die Gleichstellungsbeauftragte handelt eigenständig, relativ unabhängig von Politik und Verwaltung, und das ist gut so.

Der Bericht gibt einen guten Überblick und Ausblick auf die Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten; er ist zudem selbstkritisch und gibt zu erkennen, daß es unterschiedliche Auffassungen zur Gleichstellungsarbeit bzw. -politik gab und gibt, was sich – wie wir ja alle wissen – auch hier in der Ratsversammlung in der Vergangenheit bei etlichen Debatten über die Berichte der Vorgängerin von Frau Blum gezeigt hat. Interessant finde ich in diesem Zusammenhang die Bemerkung betreffs Zusammenarbeit mit den regionalen Gleichstellungsbeauftragten der Ämter Dänischer Wohld, Hüttener Berge und Schlei-Ostsee, diese gestalte sich "etwas schwierig. Im Herbst 2014 waren die Frauen bei mir zu Besuch, unterschiedliche Auffassungen zum Thema Gleichstellung und vor allem für welchen Personenkreis Gleichstellungsarbeit gelten solle, ließen mich erstmal nachdenklich zurück und abwarten." Ich werde gerne Frau Blums Einladung zum Gespräch an einem Mittwoch folgen und nachfragen, zumal Männer (siehe Seite 3) ja ausdrücklich dazu eingeladen sind.

  Im Abschnitt über das Jahresthema 2015 "Frauenarmut" heißt es: "Auch wir in Eckernförde haben Menschen in Armut, sie sind in der Innenstadt nur selten zu sehen. Es ist an der Zeit, daß wir Frauen derartige Schieflagen in unserer Gesellschaft nicht nur anprangern, sondern uns ganz aktiv dagegen wehren." Genau! So sehe ich das auch. Diese Gegenwehr muß noch viel stärker werden, damit die Benachteiligung von Frauen und Mädchen gegenüber Männern und Jungen, die sich auf mannigfaltige Weise manifestiert, mehr und mehr verschwindet. Ich erwähne hier zum Beispiel die infolge prekärer Arbeitsverhältnisse zunehmende Altersarmut von Frauen , die sich zu einer sozialen Katastrophe auszuweiten droht. Es gibt vielerlei Versuche, den Kampf gegen diese Art von Schieflagen für nicht mehr zeitgemäß zu erklären oder zu verwässern, indem man versucht, den Gleichstellungsbeauftragten allerlei  Verantwortlichkeiten zuzuschieben, für die sie originär nicht zuständig sind, etwa als Hauptaufgabe die Umsetzung des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes in allen seinen Facetten. Dazu stelle ich fest: Jede und jeder Vorgesetzte, jeder Betriebs- oder Personalrat hat für die Einhaltung des AGG zu sorgen, zwar auch, aber nicht hauptsächlich die Gleichstellungsbeauftragte, deren Kernaufgabe weiterhin die Gleichstellung von Frauen mit Männern ist, was in unserer weiterhin in vielen Bereichen patriarchalisch geprägten Gesellschaft logischerweise bedeuten muß, Benachteiligungen von Frauen und Mädchen aufzuspüren, zu benennen und Anstöße für deren Überwindung zu geben. Dies entspricht dem gesetzlichen Auftrag und reicht eigentlich aus für ein ganzes Arbeitsleben.

 

Meine Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

bei der Bewertung von Arbeitskämpfen bzw. Tarifauseinandersetzungen im öffentlichen Dienst der Kommunen halten wir uns in unserer Funktion als örtliche Rats- oder Ausschußmitglieder mit Kommentaren und Stellungnahmen in der Regel eher zurück. Dafür gibt es gute Gründe. In der letzten Sitzung des Sozialausschusses hat jedoch der Kollege Hollmann aus der CDU-Fraktion ein wenig über die Stränge geschlagen. Sie werden gleich sehen, was dies mit dem Bericht der Gleichstellungsbeauftragten zu tun hat. Er empörte sich darüber, daß der Arbeitskampf im Sozial- und Erziehungsdienst "auf dem Rücken der Eltern" ausgetragen würde und machte dafür vor allem Frank Bsirske, den Vorsitzenden von ver.di, verantwortlich. Zu glauben, daß ein Mann an der Spitze einer Gewerkschaft darüber bestimmt, ob ein Arbeitskampf fortgeführt wird oder nicht, ist eine typisch patriarchalische Phantasie. Kollege Hollmann verschwieg die entscheidende Tatsache, daß der Schlichterspruch von rund 70 Prozent der Kolleginnen und Kollegen abgelehnt wurde, in großer Mehrzahl von Frauen.

  Wenn Frau Blum in ihrem Bericht sagt: "Das Einkommen von Frauen liegt in Deutschland durchschnittlich 22 Prozent unter dem von Männern (seit Einführung des Mindestlohnes bei 20 Prozent)", erlaube ich mir zu ergänzen: Genau darum geht es bei diesem Arbeitskampf! Es geht um die im Portfolio der gesellschaftlichen Arbeitsteilung Frauen zugewiesenen, seinerzeit extra für Frauen geschaffenen Berufsfelder des Fürsorgens, Dienen und Helfens, die bis heute zu geringe gesellschaftliche Wertschätzung erfahren, also unter Wert bezahlt werden, wie etwa der ErzieherInnenberuf. Daß davon auch männliche Kollegen betroffen sind, die den gleichen Lohn erhalten, bestätigt dies ja nur. Und die Folge davon ist, daß es beispielsweise zu wenige männliche Erzieher gibt, die gerade auch in den Kitas als Bezugspersonen dringend benötigt werden, um dort überkommene Geschlechterleitbilder und -rollen aufzubrechen.

Wenn die vielen Frauen und die nicht so häufigen Männer im Sozial- und Erziehungsdienst jetzt sagen: es reicht uns, und ihre berechtigten gemeinsamen Ziele per Arbeitskampf durchsetzen wollen, hat dies wie bei jedem Tarifkonflikt im Bereich öffentlicher Dienstleistungen negative Folgen auf die Dienstleistung selbst. Anders läßt sich in letzter Instanz sowieso nichts durchsetzen. Das war so, das ist so und das bleibt so. Es gibt keinen anderen Weg.

Ich hoffe, daß die betroffenen Eltern diese Zusammenhänge verstehen und sich weiterhin solidarisch gegenüber den Kita-Beschäftigten verhalten. Sie haben es schon lange verdient.

 

Danke für die Aufmerksamkeit.