Der Druck der „Kleinen“ nimmt zu

Der Hauptausschuss bleibt in Eckernförde eine geschlossene Gesellschaft. Die Ratsversammlung schmetterte auch den zweiten Antrag der Linken zu diesem Thema mit 20:10 Stimmen ab. Klein gegen Groß – so lautete das Abstimmungsergebnis: Linke, Grüne, FDP und SSW stimmten für die Zulassung der Presse und Bürger, CDU und SPD wollen sie in dieser Runde nach wie vor lieber nicht dabei haben. Die Hartnäckigkeit der „Kleinen“ hat ebenso zugenommen wie die Schärfe der Debatte, die in dem emotionalen Ausbruch von Reiner Bunte (SPD) gipfelte, als er den kleinen Parteien „unerträglichen Populismus“ vorwarf. Diese wiederum warfen den „Großen“ antiquiertes Denken vor.

Ein hinter verschlossenen Türen tagender Hauptausschuss „passt nicht mehr in die Landschaft“, sagte Antragsteller Rainer Beuthel (Die Linke). Die repräsentative Demokratie befinde sich in der Krise, andererseits begehrten immer mehr Bürger auf und forderten mehr Transparenz und eine direktere Beteiligung ein. Eckernförde habe darauf bereits reagiert, indem auf der Internetseite der Stadt ein Bürgerforum eingerichtet worden sei und die Frage eines Bürgerhaushalts geprüft werde. Während Beuthel von der CDU ohnehin keine Zustimmung erwarte, sei die ablehnende Haltung der SPD und die Begründung für ihn besonders enttäuschend: Da man ein Gremium brauche, „um frei von der Leber zu diskutieren“, müsste man sich ein neues Gremium suchen, falls der Hauptausschuss dafür nicht mehr geeignet sei. „Furchtbar“, meinte Beuthel. Es stehe für ihn außer Frage, Presse und Bürger zuzulassen. Das diene der Transparenz und schnelleren Information. „Warum muss der Frauenförderplan wie ein Geheimpapier im nicht-öffentlichen Hauptausschuss beraten werden?“ Auch einen Hauptausschuss könne man, wie es auch die Stadt Rendsburg handhabe, in einen öffentlichen und nicht-öffentlichen Teil gliedern.

CDU-Fraktionschefin Katharina Heldt sprach von einer „unverschämten Spitze“ gegen die CDU. Ein nicht-öffentlich tagender Hauptausschuss mache Sinn. Der Linken warf sie vor, eine „Pseudo-Öffentlichkeit“ herstellen zu wollen, „um das Gewissen zu beruhigen“. Würde er tatsächlich geöffnet, müsste der Ältestenrat öfter tagen oder es würde sich ein „Küchenparlament“ etablieren, um vertrauliche Dinge, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, zu besprechen.

Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Martin Klimach-Dreger kommt der Antrag der Linken auf Öffnung des Hauptausschusses „zum falschen Zeitpunkt“. Es seien erste Schritte zu mehr Bürgerbeteiligung beschritten worden, die es auszuprobieren gelte. Außerdem hätte man den Hauptausschuss auch für die kleineren Fraktionen geöffnet. Es sei „wohltuend, sich dort, ohne auf jeden Punkt und jedes Komma achten zu müssen, auszutauschen“. Wichtig werde es sein, die im Hauptausschuss besprochenen Dinge deutlicher nach außen darzustellen, sagte Klimach-Dreger. Der Hauptausschuss fasse nur selten Beschlüsse, überwiegend würden dort Themen in die Fachausschüsse geleitet. Bevor die Hauptsatzung geändert werde, müsse man zunächst „in die Aufgabenkritik gehen“, was der Hauptausschuss zu leisten habe. Das Werkzeug der Öffnung „taugt zurzeit noch nicht“. Es sei nicht in Ordnung, dieses als Schlagwort in den Raum zu stellen und den Schein einer Demokratisierung zu erwecken.

Für Hartmut Steins (SSW) ist es wichtig, den interessierten Eckernfördern zu signalisieren, dass deren Mitarbeit erwünscht sei. Er plädierte für die Öffnung, ein nicht-öffentlicher Hauptausschuss passe nicht mehr in die Zeit.

Petra Körner (Grüne) sagte, die Bürger hätten ein „Anrecht auf Transparenz“, die Öffnung des Hauptausschusses wäre „sinnvoll und demokratisch richtig. In einer Demokratie darf es keine Geheimnisse geben“. Die Beiträge von CDU und SPD seien „aus dem letzten Jahrhundert“.

„Alle anderen kriegen’s hin, nur wir sollen zu doof sein? Das nehm‘ ich nicht hin“, wetterte Oliver Fink (FDP). Der Hauptausschuss sei kein Ort, um „ungestört zu sprechen“, sondern nach der Ratsversammlung das zweithöchste Entscheidungsgremium, und dies müsse öffentlich tagen. „Die Bürger müssen nachvollziehen, wie wir abstimmen“. Der SPD warf er vor, in Veranstaltungen wie am 14. Februar in Eckernförde („Demokratie neu denken“) groß über mehr Bürgerbeteiligung zu reden, „aber bei der Umsetzung zu kneifen“. Sarkastisch bezeichnete er die nicht-öffentliche Debatte über den SPD-Antrag zu mehr Bürgerbeteiligung als „Sternstunde des Hauptausschusses“ – „das war ganz großes Kino, ich kann mein Fremdschämen kaum unterdrücken“.

Bürgermeister Jörg Sibbel wies darauf hin, dass der Hauptausschuss der einzige ist, der gesetzlich vorgeschrieben ist. Er habe eine koordinierende und kontrollierende Funktion und übernehme in der kommunalen Selbstverwaltung eine „Klammerfunktion zwischen Haupt- und Ehrenamt“. 2010 habe es acht Hauptausschusssitzungen mit rund 80 Themen gegeben. Bei maximal fünf habe es eine Stellungnahme oder Beschlussfassung gegeben, zum Beispiel bei den Themen Frauenförderplan, Hafenspitze und Brandschutz Schulzentrum Süd. In nicht-öffentlicher Sitzung würden alle Vertragsthemen wie Ratskeller, BSIC, Hafenspitze, oder steuerliche Aspekte der Stadtwerke oder örtlicher Kreditinstitute beraten. Wenn der Hauptausschuss öffentlich tagen sollte, müsse man das „Aufgabenspektrum aufbohren“.

Reiner Bunte (SPD) platzte nach den Beiträgen der kleineren Fraktionen der Kragen: Sie hätten nicht anderes als „Populismus“ im Sinn: Hier die guten Kleinen, die sich für die Demokratie stark machen, dort die bösen Großen, die das mit aller Macht verhindern wollten – „unerträglich“, sagte Bunte. Er sitze selbst im Hauptausschuss des Kreises. Dieser tage öffentlich, weil er gleichzeitig auch als Finanzausschuss fungiere, eine ganz andere Lage als in Eckernförde.

Quelle:

http://www.shz.de/nachrichten/lokales/eckernfoerder-zeitung/artikeldetails/article/809/der-druck-der-kleinen-nimmt-zu.html