Öffentliche Stellungnahme / Presseerklärung zur Situation der Entbindungsstation im Eckernförder Krankenhaus

Leben wie ein Baum, einzeln und frei, und brüderlich wie ein Wald, das ist unsere Sehnsucht.

                                                                                                                              Nazim Hikmet

 

  Die Nachricht von der Rettung der Entbindungsstation in Eckernförde klingt erfreulich. Die Initiativen von Hebammen, Ärzten, betroffenen Eltern, von Politik und Verwaltung in Eckernförde haben einen Teilerfolg errungen. Nicht zuletzt die Demonstration am 25.08.2012 hat dem breiten Widerstand gegen die Schließungspläne Ausdruck verliehen. 

  Zugleich ist aber festzustellen, daß die Ursachen für eine drohende Schließung nicht behoben sind: eine zunehmende Kommerzialisierung und Einführung betriebswirtschaftlicher Steuerungs- und Marktmechanismen im öffentlichen Gesundheitswesen, wofür alle in den letzten Bundesregierungen vertretenen Parteien Verantwortung tragen. Die imland-Kliniken in Rendsburg und Eckernförde sind zwar im Besitz des Kreises, sind aber per GmbH. privatrechtlich organisiert, was bedeutet, daß Politik und Verwaltung die Kliniken nur noch indirekt steuern. Auf dieser Grundlage wurde offenbar versucht, unter Umgehung der zuständigen Gremien Kreistag (als Gesellschafterversammlung) und Aufsichtsrat eine Schließung der Entbindungsstation vorzubereiten. Der breite öffentliche Widerstand hat dem zunächst einen Riegel vorgeschoben.

  Jetzt einfach zur Tagesordnung überzugehen, den Erfolg zu feiern und so zu tun, als wäre „nichts gewesen“, könnte sich in einiger Zeit bitter rächen. Zunächst sind folgende Fragen aufzuwerfen und von den Verantwortlichen zu beantworten:

 

1.)   Warum wurde die Gesellschafterversammlung nicht über die Schließungspläne informiert? Handelte es sich nach Auffassung der leitenden Verantwortlichen sozusagen um eine nebensächliche unternehmerische Entscheidung des laufenden Betriebs?

2.)   Welche Rolle spielte der Aufsichtsrat der GmbH.? Er hatte zuletzt im Mai getagt. War der Aufsichtsrat völlig ahnungslos und unbeteiligt oder war er oder waren Teile von ihm in die Pläne eingeweiht? (Es liegen Aussagen vor, wonach es in der SPD Unzufriedenheit mit deren Aufsichtsratsmitgliedern gibt, die „dicht“ gehalten hätten.)

3.)   Welche Rolle spielten speziell die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat? Welche Rolle hatte der Betriebsrat? War er informiert?

4.)   Haben Geschäftsführer Wilde und Kreispräsident Clefsen die Krankenhausmitarbeiter und die Öffentlichkeit bewußt getäuscht? Herr Wilde räumte (laut KN vom 29.08.2012) ein, „daß die Kommunikation mit allen Beteiligten nicht immer optimal gelaufen sei.“ Welchen Anteil haben Aufsichtsratsvorsitzender und Geschäftsführer an dieser mangelhaften Kommunikation?

5.)   Wurde von Seiten der Geschäftsführung wirklich alles versucht, um die Station zu retten? Aus dem Kreis der Hebammen wird dies bezweifelt. Warum wurde die jetzt gefundene, möglicherweise vorübergehende Lösung nicht schon früher entwickelt und stattdessen eine Schließung zum 01.10.2012 als notwendig dargestellt?

6.)   Wie sind die Entbindungsstation und die Kinderstation in Eckernförde nachhaltig zu sichern?

 

Es gilt also, diesen Skandal umfassend aufzuarbeiten. Sollte dies nicht geschehen, ist die nächste Runde schon programmiert. Ein wichtiger Schritt für eine Stabilisierung der Standorte Rendsburg und Eckernförde wäre eine Rücknahme der Privatisierung und die Überleitung in einen Eigenbetrieb des Kreises.

Letzten Endes ist jedoch die bundespolitische Ebene entscheidend: benötigt wird ein grundlegender Wechsel in der Ausrichtung der Gesundheitspolitik: Gesundheit darf nicht länger eine Ware sein, die an einem „Gesundheitsmarkt“ gehandelt wird. Als Teil der öffentlichen Daseinsfürsorge gehört das Gesundheitswesen in den Besitz und die völlige Kontrolle der öffentlichen Hand. Das vorliegende Modell hat sich nicht bewährt und muß überwunden werden.