Großer Streit um ein kleines Plakat

Linke spricht von politisch motivierter Schikane / Bauamt: Verstoß gegen die Gestaltungssatzung

Dass die Kreisgeschäftsstelle der Linken und das Rendsburger Rathaus Nachbarn sind, ist purer Zufall. Zur Eröffnung der Parteizentrale im April kam sogar der Ehrenvorsitzende Lothar Bisky und durfte sich ins goldene Buch der Stadt eintragen. Inzwischen aber ist von nachbarschaftlicher Eintracht nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil: Linke und Stadtverwaltung steuern auf einen Rechtsstreit zu, von politisch motivierter Schikane ist die Rede.

Hintergrund des Streits ist ein Schreiben aus dem Rathaus, das den Linken in der vergangenen Woche ins Haus flatterte. Darin forderte die Bauaufsicht die Partei auf, ein von innen auf die Fensterscheibe geklebtes Plakat zu entfernten. Ebenso eine Art leuchtenden Bilderrahmen, der auf der Fensterbank stand und auf aktuelle Termine und Kontaktmöglichkeiten hinwies. Solche Werbeanlagen seien nach der Gestaltungsatzung für die Innenstadt nicht zulässig, hieß es in dem Schreiben. Sie müssten entfernt werden, anderenfalls drohe ein Zwangsgeld von 1000 Euro.

"Eine solche Vorgehensweise ist offentlichlich rechtswidrig und politisch motiviert", empörte sich Samuel Rothberger aus dem Vorstand der Kreis-Linken. "Hier geht es nicht um die Erhaltung des Stadtbildes, sondern um die Unterdrückung der Meinungsfreiheit. Angesichts des gerade anlaufenden Landtagswahlkampfes soll die Linke gezielt ausgebremst werden."

Um nicht zahlen zu müssen, gaben die Linken zunächst einmal nach. Das Plakat ("Konsequent sozial in Schleswig-Holstein") ist im Fenster zwar immer noch zu sehen, im Sinne der Gestaltungssatzung jedoch nun korrekt platziert – einige Zentimeter hinter der Scheibe. Damit soll der Fall allerdings nicht erledigt sein, weil das Vorgehen der Bauaufsicht nach Meinung des Parteivorstandes gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt und die demokratischen Spielregeln in eklatanter Weise verletzt. "Deshalb haben wir zunächst Widerspruch eingelegt und prüfen nun weitere rechtliche Schritte gegen die skandalösen Schikanen." Rothberger verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Schaufenster des ehemaligen Hertie-Kaufhauses am Altstädter Markt: "Die sind komplett mit Werbung zugeklebt. Warum sollten wir dann für ein Plakat eine Baugenehmigung benötigen – zumal es bei uns um die freie Meinungsäußerung geht?"

"Hier läuft es offenbar auf einen Konflikt zwischen unserer Gestaltungssatzung und dem Grundgesetz hinaus", kommentierte der Rendsburger Bauamtsleiter Frank Thomsen die Angelegenheit süffisant. Das Schreiben mit der Androhung sei beileibe nicht der erste Kontakt zwischen Rathaus und der Linken in dieser Sache gewesen. "Es gab diverse Telefonate und auch Ortstermine Üblicherweise einigt man sich in der Stadt über solche Sachen im Gespräch. Das war in diesem Fall nicht möglich", sagte Thomsen. Aus seiner Sicht wollten die Linken eine grundsätzliche Klärung der Angelegenheit. "Wir hätten eine solche Menschenrechtsdebatte nicht gebraucht."

Der Hinweis auf die Plakate in den Hertie-Schaufenstern treffe nicht den Punkt, weil diese nur vorübergehend und als Notlösung angebracht seien. "Die Alternativen sind in diesem Fall die unansehnlichen toten Augen, die einer Innenstadt nun wirklich nicht gut zu Gesicht stehen", so Thomsen.

Bürgermeister Andreas Breitner wies den Vorwurf der politisch motivierten Schikane als absurd zurück: "Das ist kompletter Unsinn. Es geht hier ums Ortsrecht. Das hat überhaupt nichts mit Schikane zu tun." Breitner gestand allerdings zu, dass die Gestaltungssatzung der Stadt in gewissen Punkten durchaus diskussionswürdig sei. "Wir müssen über diese Satzung sprechen und sie, wenn nötig, an die Gegebenheiten der Innenstadt anpassen."

Quelle:

http://www.shz.de/nachrichten/lokales/landeszeitung/artikeldetails/article/801/grosser-streit-um-ein-kleines-plakat.html