Runde Tische

17. März 2010

Kolumne von Raju Sharma, MdB

Aus der Eckernförder Zeitung vom 17. März 2010

Als König Arthur in der Mitte des 12. Jahrhunderts das Führungspersonal seines Landes zur Teambesprechung lud, wollte er bereits durch die Sitzordnung zum Ausdruck bringen, dass sich hier Partner begegnen, die gleichwertig und auf Augenhöhe um die besten Lösungen im Interesse der Gemeinschaft ringen sollten. Das auf dieser Grundlage entwickelte Konzept der „Tafelrunde“ war später auch Vorbild für die „Runden Tische“, die im Jahr 1989 in Polen und in der DDR gebildet wurden, um während des Zerfalls der staatlichen Ordnung gesellschaftlich akzeptierte Entscheidungsprozesse zu strukturieren.

Rund zwanzig Jahre später erlebt die Idee des „Runden Tisches“ in Deutschland gleich mehrfach eine Wiedergeburt. Ob es um Unrecht in der Heimerziehung oder um den sexuellen Missbrauch von Schülern in kirchlichen Internaten geht – immer öfter gilt: Wenn Du nicht mehr weiter weißt, dann bilde einen Arbeitskreis – oder eben einen runden Tisch. Nicht immer erscheint dieses Mittel angemessen und sinnvoll: Wenn zum Beispiel die Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) die katholische Kirche einlädt, um über die Missbrauchsfälle in deren Einrichtungen zu sprechen. Die Justizministerin hat immerhin erkannt, dass die Aufarbeitung des Unrechts sich nicht auf Betroffenheitserklärungen beschränken darf, sondern auch eine rechtliche Dimension haben muss und insoweit eine enge Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staatsanwaltschaft unverzichtbar ist. Der Vertreter des Heiligen Stuhls aber zieht es vor, sich an einen von den Bundesministerinnen Schröder (CDU) und Schavan (CDU) einberufenen größeren runden Tisch zu setzen. So wird man den Opfern – und um die sollte es vor allem gehen – in keiner Weise gerecht: Wenn sie nicht in den Hintergrund treten sollen, darf es nicht bei unverbindlicher Symbolik bleiben.

Wie es besser geht, zeigt der runde Tisch „Heimerziehung“: Bis in die 1970er Jahre hinein wurden Hunderttausende Kinder und Jugendliche unter unmenschlichen Bedingungen in geschlossenen Einrichtungen der sogenannten Fürsorgeerziehung „betreut“. Nachdem mehrere Opfer, unter ihnen auch der Eckernförder Künstler Eckhard Kowalke, sich zusammengeschlossen und das jahrzehntelange Schweigen gebrochen hatten, brachte das Kieler Sozialministerium bereits zweimal ehemalige Heiminsassen aus Glückstadt sowie Vertreter von Politik und Trägerverbänden am runden Tisch zusammen. Die Akten aus Glückstadt, die zunächst als verschollen galten, wurden im Landesarchiv „entdeckt“ und aufgearbeitet; im Rahmen einer Ausstellung ab dem 15. Mai 2010 soll im Landeshaus die Geschichte des Landesfürsorgeheims Glückstadt gezeigt werden. Vielleicht ein guter Anfang.